Archive for October, 2019
Nobelpreis und noch ein Preis für Peter Handke

HANSE DER WOCHE. Ein Fußballfan hat den Nobelpreis für Literatur erhalten. “Fußball und Intelligenz schließen einander nicht aus”, sagte ich einmal, und ebenso ist die Sprachkunst des österreichischen Nobelpreisträgers mit der Begeisterung für Fußball vereinbar.
Fußballspiele nennt Peter Handke “gute Oasen des Schauens”, und in der ZEIT erzählt er unter anderem begeistert davon, wie beim Begräbnis seines Schwiegervaters die ganze Familie gemeinsam Fußball gespielt habe. (Die Zeit vom 17.10.2019; Bild unten)
Der großartige, sprachmächtige Autor, ein Revolutionär der Sprache, der oft auch so zart und subtil, aber immer klar und nicht verwaschen formuliert, sagt über das Schreiben:
“Schreiben war für mich immer so etwas wie Hochstapelei, ein unerhörter Tabubruch, eine stille Frechheit.”
Auch das Einrichten eines Blogs, das Schreiben von Posts, dieses Teilhabenlassen an den eigenen Tagebucheintragungen, dieses öffentliche Sich-wichtig-Nehmen und das Hinauslehnen in eine unbekannte Welt, das ist wohl genauso eine “stille Frechheit”.
Handkes Roman “Die Angst des Tormanns beim Elfmeter” ist kein Buch über Fußball. Aber für den Autor, der ein guter Linksaußen mit Angst vor Kopfbällen war und gerne Fußballspiele anschaut (im Stadion oder in den Kneipen des Pariser Vorortes Chauville, wo er wohnt), ist Fußball immer wichtig gewesen: als Oase und wohl auch als “Realitätsmodell” (vgl. Klaus Theweleit, Tor zur Welt – Fußball als Realitätsmodell). Fußball und Literatur-Nobelpreis schließen einander also keinesfalls aus.
Und daher ist der Nobelpreis für Peter Handke eine gute Gelegenheit, den vom RAPIDHAMMER einst ins Leben gerufenen “HANSE DER WOCHE” endlich wieder zu vergeben – an Peter Handke!
Ebenso wie der Nobelpreis wird wohl auch der von mir verliehene Preis “HANSE DER WOCHE” bei meinen Lesern Diskussionen über P.H.’s Haltung während des Jugoslawienkriegs mit sich bringen.
Handkes Schmerz und Wut über den Zerfall Jugoslawiens ließen ihn literarisch Partei für Serbien ergreifen und auch eine Ansprache beim Begräbnis von Slobodan Milosevic halten. Dieser Umstand hat zu viel Kritik an der heurigen Wahl des Nobelpreis-Komitees geführt. In dieser Auseinandersetzung habe ich Verständnis – auch – für Handkes Position. Die Frage, ob man ihm deshalb den Literatur-Nobelpreis zu unrecht verliehen habe, beantworte ich, klar P.H.s Partei ergreifend, mit einem ausdrücklichen Nein.
Peter Handke hat den Nobelpreis verdient. Und sicher auch den “HANSE DER WOCHE”!

In der Rubrik “HANSE DER WOCHE” (benannt nach Rapid-Legende Hans Krankl) wird regelmäßig ein Akteur aus der weiten Welt des Fußballs vor den Vorhang gebeten, um vom RAPIDHAMMER der Akklamation durch die werte Leserschaft empfohlen zu werden. Den “HANSE DER WOCHE” erhielten unter anderen:
Doderer-Experte und Fußballfan Wendelin Schmidt-Dengler: https://rapidhammer.wordpress.com/2008/01/18/wissenschaftler-des-jahres-ist-rapid-fan-und-premier-league-liebhaber/
Paul Gludovatz (“Ab und zu ein gutes Buch lesen”) https://rapidhammer.wordpress.com/2008/09/27/ab-und-zu-ein-kluges-buch-lesen/
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