Passt das zusammen?
October 9, 2024 at 10:35 pm Leave a comment
Jürgen Klopps künftiger Arbeitgeber ging mit den Schlagworten „Volltreffer!“ und „Die Situation ist perfekt!“ an die Medien: „Kloppo“, der mit dem Ende der Saison 2023/24 als Liverpool-Manager zurückgetreten war und eine längere Auszeit angekündigt hatte, ist früher zurück im Fußballgeschäft als man dachte, wenn auch nicht an der Seitenlinie.
Aber das wirklich Überraschende ist, wo Klopp als „Head of Global Soccer“ ab 2025 strategisch tätig sein wird: bei Red Bull!

In seinem neuen Job wird der bis jetzt als Fußballromantiker allseits geliebte Deutsche das internationale Netzwerk der Red Bull-Fußballklubs leiten und soll Red Bull bei der Weiterentwicklung der Spielphilosophie, beim Scouting von Talenten und bei der Aus- und Weiterbildung von Trainern unterstützen.
Aber passt das zusammen? Die Dose und Klopp?
Vielerorten meint man nun, dass der 57-jährige Deutsche, der hochgeschätzte Kultvereine wie Borussia Dortmund und FC Liverpool trainiert hat, mit der Entscheidung für die Bullen seinen bisherigen „Sympathiebonus“ pulverisiert hat, sein Wechsel in den Dosen-Konzern nur „wegen des Geldes“ stattfindet und all die Fußballsentimentalität, für die „Kloppo“ bislang stand, mit diesem Schritt einfach nicht zusammenpasst. Durch Deutschlands Fußballfans geht eine Welle des Unverständnisses und der Verärgerung und vor allem bei Ex-Klub Dortmund versteht man die Welt nicht mehr. „Jürgen Klopp zersetzt sich selbst“, schrieb das Magazin „11 Freunde“.
„The normal one“ könne nun endlich von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln, meinte ein enttäuschter Fan sarkastisch auf „X“. Und das Satiremedium „Der Postillon“ twitterte dort ironisch: „Weil er es leid war, von ganz Deutschland geliebt zu werden: Klopp fängt bei Red Bull an.“
Für Red Bull ist es zweifellos ein genialer Schachzug, an die Spitze des bislang eher als seelenloses Werbevehikel geltenden Projekts mit dem für Emotion, Herzblut und Fußballromantik stehenden Erfolgstrainer einen menschlich-sympathischen Head of Global Soccer zu setzen. Red Bull-CEO Oliver Mintzlaff nannte Kloppos Engagement auch tatsächlich einen „Gamechanger“ für die weitere Entwicklung des Engagements des Getränkeherstellers im internationalen Fußball. Ein PR-Coup ist es allemal.
Klopp selbst kommentierte seinen neuen Job auf Instagram entspannt: „Vor ein paar Monaten habe ich gesagt, dass ich mich nicht mehr auf der Bank sehe, und das ist immer noch der Fall, aber ich liebe Fußball immer noch, ich liebe meine Arbeit immer noch und Red Bull bietet mir die perfekte Plattform dafür.”
So einfach ist es aber nicht. In Wahrheit ist es für Klopp ein sehr riskanter Schritt: Entweder er schafft es, die bei „echten Fußballfans“ bisher gehassten Red Bull-Klubs von einer bloßen Marke mit zu Werbezwecken hochgezüchtetem Fußball-Anhängsel zu echten Klubs zu machen, die man lieben und mit Herzblut unterstützen kann – oder er hat einfach nur gut verdient und dafür tiefe Kratzer an seinem Image oder gar die Zerstörung seines Nimbus in Kauf genommen, bevor er dann endlich deutscher Bundestrainer wird.

Warten wir‘s ab, ob Klopp Red Bull neue Flügel verleiht oder abstürzt und sein eigenes Denkmal zerstört. Vielleicht wird Red Bull durch Klopp tatsächlich ein bisschen sympathischer. West Ham sponsern sie ja auch schon, im London Stadium flimmert seit kurzem die blau-silberne Dose mit dem roten Bullen über die Werbebande. Was soll man machen: West Ham deshalb nicht mehr supporten???
Ebenso sponsert Red Bull in England übrigens Everton, Crystal Palace, Newcastle und Nottingham Forest. Und bei dem 2023 aus der Premier League abgestiegenen Leeds Utd. ist der Getränkekonzern aktuell immerhin schon Minderheitseigentümer. Das Unternehmen mit Sitz im Salzburger Fuschl am See hat vielerorts einen Fuß in der Tür… Mal sehen, ob sich mit Klopp manche Türen nun weiter öffnen, als den dortigen Fans lieb ist.
Eines aber muss ein Romantiker wie Klopp jedenfalls verhindern, wann immer jemand im Konzern die Austria Salzburg-Blaupause aus der Schublade ziehen sollte: Als 2005 Austria Salzburg von Red Bull übernommen wurde, änderten sich schlagartig Vereinsfarben und Vereinsname, dem Klub und den Fans wurde die Seele geraubt.
Ob Jürgen Klopp nun seine Seele an den Teufel verkauft hat oder auch als „Bulle“ jener Klopp bleibt, den wir kennen und lieben, das bleibt abzuwarten. Mit Beifallsstürmen kann Kloppo jedenfalls nicht rechnen, sondern vielmehr mit sehr, sehr kritischen Blicken.
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